Mein Studium der evangelischen Theologie (Examen) und der Politikwissenschaften (Bachelor) habe ich unter anderem in Jerusalem in Israel verbracht. Um mit dem Programm „Studium in Israel“ an der Hebräischen Universität Jerusalem zu studieren, musste ich fleißig Neuhebräisch büffeln. Aber das hat sich definitiv gelohnt!
Unvergessliche Erfahrungen verbinde ich mit der Stadt, die allen drei abrahamitischen Religionen heilig ist: Studieren mit Menschen aus der ganzen Welt, hochinteressanten interreligiösen Austausch, Begegnungen mit Shoa-Überlebenden wie dem Künstler Yehuda Bacon, wunderbare Freundschaften mit Israelis.
Auch die Region Neckar-Alb ist wegen der Universität Tübingen und der erfolgreichen Unternehmen ein internationaler Spitzenstandort. Von Israel können wir viel lernen, wenn es um die Werbung und erfolgreiche Integration von klugen Köpfen aus der ganzen Welt geht. Ich habe etwa einen sehr lockeren Umgang mit verschiedenen religiösen Traditionen erlebt. Solange sich alle an die grundlegenden Regeln halten, können die einen Weihnachten, die anderen den Geburtstag des Propheten und wieder andere Chanukka feiern. Pragmatisch und lebensnah.
Natürlich bewegen mich die Debatten über das deutsch-israelische Verhältnis daher besonders. Und sie irritieren mich: Mir scheint, die deutsche Öffentlichkeit kann nicht wirklich einschätzen, welche enorme Leistung der israelische Parlamentarismus hervorbringt: Parteien, die nicht nur das klassische Links-Rechts-Schema abbilden, sondern auch ethnische und religiöse Pluralität repräsentieren, wie wir sie hierzulande gar nicht kennen.
Sachliche Kritik bspw. an rechtsgerichteten Kräften in der Knesset oder an der israelischen Kriegsführung halte ich derweil selbstverständlich für in Ordnung. Was soll daran schlimm sein? Aber: doppelte Standards sind nicht ok. Es gibt den Ausdruck „Israel-Kritik“ – warum spricht niemand etwa von „Ungarn-Kritik“? Ich würde mir wünschen der ein oder andere „Israel-Kritiker“ würde einmal die innerisraelische Debatte verfolgen, um festzustellen, dass die israelische Bevölkerung keine deutschen Belehrungen in Demokratie benötigt.
Zumindest ein großes Maß Demut ist von Nöten: Israel ist so groß wie Hessen und umgeben von Ländern, die die Existenz des israelischen Staates auslöschen wollen. Es gibt im kollektiven Gedächtnis der jüdischen Bevölkerung das Wissen darüber, dass niemand half als Deutsche das Judentum auslöschen wollten. Mit Demut und einem klaren „Ja“ zum Selbstverteidigungsrecht Israels kann man auch Kritik üben, wo sie angebracht ist und zielführend ist.
Leider ist es aber so, dass der (israelbezogene) Antisemitismus hierzulande und in ganz Europa in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist. Das Resultat ist oftmals mit Gewalt gegen Menschen verbunden und manchmal fast grotesk: Als ich einen Tag (!) nach dem Terroranschlag des 07. Oktobers 2023 eine Solidaritätskundgebung in Rottenburg organisierte, hatten manche politische Akteure hier in der Region Sorge mitzumachen, weil man sich nicht mit Netanyahu gemein machen wolle. Diese für mich unbegreifliche Haltung spiegelt sich meines Erachtens auch in der Bewertung Israels wieder.
Was mir grundsätzlich wichtig ist: Abgesehen von unserer historischen Verantwortung haben wir schlicht ein Interesse daran, die einzige liberale Demokratie im Nahen Osten zu unterstützen. Dass sich Jüdinnen und Juden auf unseren Straßen vor Gewalt fürchten, beschämt mich zutiefst.
Ein paar (teilweise gekürzte) Punkte aus dem CDU-Wahlprogramm:
- Deutschland trägt mit seiner Geschichte eine besondere Verantwortung für die Existenz und die Sicherheit Israels. Die Sicherheit Israels ist und bleibt Teil der deutschen Staatsräson. Aus dieser Überzeugung unterstützen wir selbstverständlich das Recht Israels auf Selbstverteidigung gegen den Terror, der Israel von verschiedenen Seiten bedroht. Es liegt in unserem Interesse, dass wir fest an der Seite der einzigen Demokratie im Nahen und Mittleren Osten stehen. Dazu wollen wir Israel auch militärisch unterstützen und noch bestehende Exportblockaden beenden.
- Ziel muss ein nachhaltiger Frieden im Nahen Osten sein. Zugleich setzen wir uns für eine Erweiterung des Abraham-Abkommens ein, das wegweisend für eine Annäherung zwischen Israel und einer wachsenden Gruppe arabischer Staaten ist.
- Alle Schülerinnen und Schüler sollen Gedenkstätten besuchen.
- den Aufbau des Deutsch-Israelischen Jugendwerks vorantreiben.
- Volksverhetzungs-Paragrafen im Strafgesetzbuch so verschärfen, dass das Leugnen des Existenzrechts künftig strafbar ist.
- Das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels zu einer Einbürgerungsvoraussetzung machen.